Vom Werkzeug zum Schmuckstück
Ein Schraubenschlüssel wird veredelt
Zum 50-jährigen Dienstjubiläum sollte
unser Schirrmeister Klaus Griem etwas besonderes bekommen.
Doch was schenkt man jemandem, der in
seinem Berufsleben als Kfz-Meister an Autos herumschraubte und nebenbei seit
50 Jahren beim THW für die Geräte- und Fahrzeugausstattung des Ortsverbandes
mitverantwortlich ist.
Einen goldenen Schraubenschlüssel!
Natürlich nicht irgendeinen, zum
50-jährigen Jubiläum natürlich einen 50er, also einen 50 mm
Schraubenschlüssen. Sowas gibt es nicht im Baumarkt und schon gar nicht
vergoldet. Also musste das Teil erst mal bestellt werden. Hier half unser
Helfer Thomas Danylow, Inhaber der Firma Paul Tänzler Schiffswerft und
Maschinenbau. Lieferzeit: 24
Stunden. Das fing ja gut an. Schlüssel da, boah was für ein Mordsteil.
Doch wie vergoldet man den
Schraubenschlüssel nun? Auch hier wurde schnell eine Firma gefunden, die
auch Feuerlöscher für Paläste im nahen Osten vergoldet, Aluminiumoberflächen
für die Luftfahrtindustrie härtet oder einfach nur einen Motorradtank
verchromt. Bei der
gebr.
böge METALLVEREDELUNGS GMBH in Hamburg-Bergedorf fragte man sich
zunächst, welche Firma ihre Mitarbeiter mit vergoldetem Werkzeug arbeiten
lässt. Als man erfuhr, dass es für das THW ist, kümmerte sich der Chef, Herr
Böge, persönlich um unser Anliegen. Es konnte sofort losgelegt werden.
Zunächst wurde der Schlüssel
"abgezogen". In einem Schwefelsäurebad wurde elektrolytisch Nickel und Chrom
von der Oberfläche das Stahls entfernt. Dabei verlor der Schraubenschlüssel
seinen Glanz.
Im nächsten Schritt wurde der Schlüssel von Herrn Stephan sehr sorgfältig
glatt geschliffen und anschließend ausgiebig poliert. Nach dem Polieren
wurde der Schlüssel in 80°C heißer Spüllauge und Ultraschall von den Resten
der Schleifpaste befreit. Anschließend in ein Wasserbad getaucht und dann
mit Maisgranulat getrocknet. Der Schlüssel war nun blank und man konnte sich
darin spiegeln.
Der nächste Schritt, das Gravieren, erfolgte bei der Lufthansa Technik am
Flughafen Hamburg. Das Gravieren von Werkzeug ist hier eine absolute
Notwendigkeit. Jedes Werkzeug ist markiert und kann eindeutig einem
Mitarbeiter zugeordnet werden. Nach jedem Arbeitsgang erfolgt eine
Werkzeugkontrolle durch den jeweiligen Mitarbeiter. Ein Werkzeugverlust muss
sofort gemeldet werden. Wenn ein Mitarbeiter nach der Wartung oder Reparatur
ein Werkzeug im Flugzeug vergisst, kann das im Flugbetrieb eventuell fatale
Folgen haben. Kommt es zu einem Unfall und das Werkzeug wird gefunden, kann
es durch die Gravur dem verantwortlichen Mitarbeiter zugeordnet werden.
Jens Schlink, unser Gruppenführer der Fachgruppe Ortung, der beruflich in
der Ausbildungswerkstatt der
Lufthansa Technical Training GmbH arbeitet,
übernahm die Gravur des Schraubenschlüssels.
Dann ging es wieder zurück zur
gebr.
böge METALLVEREDELUNGS GMBH zur Vergoldung. Doch zunächst wurde der
kleine Grat, der beim Gravieren um die Buchstaben herum entstanden ist,
wegpoliert. Nach dem Polieren wurde der Schlüssel in 80°C heißer Spüllauge
und Ultraschall gereinigt. Durch Eintauchen in Salzsäure wurde Rost von dem
Schlüssel entfernt. Danach erfolgt eine kathodische Entfettung und
anschließend eine anodische Enfettung. Bei der kathodischen Entfettung wird
die Ware als Kathode geschaltet. Hierbei entsteht Wasserstoff, der es in
seinem gasförmigen Zustand vermag, unter die Öl- bzw. Fettschicht zu dringen
und diese regelrecht abzusprengen. Bei der anodischen Entfettung werden die
gleichen Elektrolyte eingesetzt wie bei der kathodischen Entfettung.
Allerdings wird hier am Werkstoff Sauerstoff gebildet. Außerdem werden
metallische Verunreinigungen und häufig auch Grundmaterial elektrolytisch
gelöst.
Nun erfolgte die Dekapierung. Wenn Teile aus einem Bad entnommen werden,
muss anhaftende alkalische Badlösung abgespült werden, damit nachfolgende
Prozesse nicht geschädigt werden. Damit erreicht man eine Neutralisation der
Oberfläche. Die schwache Säure kann einfach abgespült werden.
Nun wurde in einem Matt-Nickelbad eine Nickelschicht aufgetragen.
Anschließend erfolgte die Verkupferung in einem Kupferbad. Durch Stromstärke
und Zeit kann die Kupferschicht genau bestimmt werden. Nach 40 Minuten bei 4
A erhielt der Schlüssel eine ca. 40 µm dicke Kupferschicht.
Nun wurde der Schlüssel wieder poliert und wieder gereinigt. Danach folgte
ein Bad in Glanznickel. 30 Minuten bei 30 A.
Nach einer erneuten Reinigung, kathodischen und anodischen Enfettung und
Dekapierung war der Schlüssel nun bereit für die Vergoldung. Herr Radzuweit
übergab nun an Herrn Bülow. Dieser stellte zunächst das Goldbad ein. Man
rechnet mit einer Stromstärke von 1 A pro dm² Fläche. Der Schlüssel hat eine
Fläche von 6,5 dm², also stellte Herr Bülow 6,5 A ein. Nach 2 Minuten im
Goldelektrolyt hatte der Schlüssel eine 21 Karat Goldschicht.
Der Schlüssel war nun FERTIG!
Zu so einem edlen Schraubenschlüssel
gehört aber auch ein edler Ständer. Diesen fertigte unser
Helfer Thomas Döscher,
von der Tischlerei BiberBau Döscher GmbH, an. Zunächst wurde das Holz
geschnitten und abgerichtet, also "gerade gemacht". Danach in mehreren
Schritten auf Maß gehobelt. Eine Ablagefläche wurde passend zur Kontur des
Schraubenschlüssels geschnitten und die Kanten des Ständers profiliert.
Nachdem beide Teile verbunden waren, wurde der Ständer in mehreren Schichten
lackiert.
Fotos
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Schlüssel da, boah was für ein Mordsteil.

Nach dem "Abziehen" verlor der Schraubenschlüssel seinen Glanz

Der Schlüssel wird von Herrn Stephan sehr sorgfältig glatt
geschliffen und anschließend ausgiebig poliert.

Der Schlüssel ist nun blank und man kann sich darin spiegeln.

Jens Schlink graviert den Schraubenschlüssels.

Herr Radzuweit nimmt den Schlüssel aus dem Kupferbad.

Herr Bülow bereitet den Schlüssen für das Goldbad vor.

Der Schlüssel wird aus dem Goldbad geholt.

Thomas Döscher fertigt einen Ständer aus Mahagoni für den Schlüssel an.
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